Straße statt Rennstrecke: Der Porsche 917 von Graf Rossi
Am 28. April 1975 verließ ein einzigartiger Porsche 917 das Entwicklungszentrum in Weissach. Statt auf eine Rennstrecke – so wie jeder 917 zuvor – fuhr das Fahrzeug auf öffentlichen Straßen. Eine Umrüstung auf Kundenwunsch machte es möglich.
Die Umrüstung eines Porsche 917 auf Straßenzulassung gehört zu den außergewöhnlichsten Einzelprojekten der Porsche-Historie. Initiator war der italienische Unternehmer Gregorio Rossi di Montelera, ein langjähriger Unterstützer des Porsche-Werksteams und Erbe der Martini & Rossi-Dynastie, deren Sponsoring den Rennsport der 1970er-Jahre entscheidend prägte.

917 „Kurzheck“-Straßenversion, 2025, Porsche AG
Der Umbau bezog sich auf ein Fahrzeug der sogenannten „Kurzheck“-Variante, intern als 917 K bezeichnet. Der Porsche 917, entwickelt unter der Leitung von Ferdinand Piëch, war ursprünglich konsequent auf Langstreckenrennen wie die 24 Stunden von Le Mans ausgelegt und wurde ab 1969 in verschiedenen Karosserieformen gebaut. Die Kurzheck-Version wurde geschaffen, um die Stabilitätsprobleme der ursprünglichen Langheck-Konstruktion zu beheben.
Das Fahrzeug mit der Chassisnummer 030, auf dem das Projekt basierte, war ursprünglich ein reines Wettbewerbsfahrzeug. Um die Zulassung für den öffentlichen Straßenverkehr zu ermöglichen, waren umfassende technische Anpassungen notwendig. Einige Änderungen wurden durch gesetzliche Vorgaben erzwungen, andere entsprachen den persönlichen Vorstellungen des Auftraggebers.

917 „Kurzheck“-Straßenversion, 2025, Porsche AG
Äußerlich blieb die Rennoptik weitgehend erhalten. Der Wagen wurde in „Martini Silber“ lackiert und erhielt zusätzliche Ausstattungselemente wie Endschalldämpfer, Außenspiegel auf beiden Seiten, Seitenblinker und eine Hupe – alles Details, die im regulären Rennbetrieb entbehrlich waren, im Straßenverkehr jedoch vorgeschrieben sind. Ein Ersatzreifen wurde, ebenfalls vorgeschrieben, unter der vorderen Haube verstaut.
Im Innenraum erfolgten minimale Komfortanpassungen. Dachhimmel, Türverkleidungen und das Armaturenbrett wurden mit Alcantara ausgekleidet. Die beiden Schalensitze, die damals in Langstreckenrennen Pflicht waren, bekamen eine edle Neubezugsarbeit aus hellbraunem Leder – gefertigt von der französischen Luxusmarke Hermès. Die puristische Rennsportausstattung wie der Schaltknauf aus Holz sowie der charakteristische gelochte Zündschlüssel wurden beibehalten.

Porsche 917 „Kurzheck“-Straßenversion, 2025, Porsche AG
Für die formale Straßenzulassung nutzte Graf Rossi ein Kennzeichen aus dem US-Bundesstaat Alabama. Dieser pragmatische Schritt vereinfachte die Eintragung erheblich, da die Zulassungsbedingungen in einigen US-Staaten deutlich weniger streng waren als in Europa.
Die erste Testfahrt des umgebauten Fahrzeugs war ein Statement für sich: Keine kurze Testfahrt rund um das Werk, sondern eine mehrstündige Überlandfahrt bis nach Paris – ein Beleg für die Ernsthaftigkeit und Praxistauglichkeit des Projekts.
Heute befindet sich der 917 weiterhin in Privatbesitz. Er wird regelmäßig in Südfrankreich auf öffentlichen Straßen bewegt. Nach einer jüngst abgeschlossenen Restaurierung – bei der Originalität höchste Priorität hatte – trägt der Wagen weiterhin seine historische Lackierung und das ursprünglich modifizierte Interieur. Derzeit ist er mit einer britischen Straßenzulassung registriert.