Muntz Jet – ein Auto, viele Fragezeichen
Es gibt Autos, die selbst gut informierte deutsche Oldtimer-Enthusiasten kaum auf dem Schirm haben. Und dann gibt es solche, bei denen man beim Namen kurz stutzt und denkt: Klingt eher nach Glücksspielautomat als nach Automobilgeschichte. Dass sich beide Irritationen in einem Auto vereinen, ist ungewöhnlich genug. Allein deshalb lohnt es sich, den Muntz Jet und seine Geschichte genauer anzusehen.
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Hinter dem Muntz Jet stand Earl William Muntz. Muntz war weder Designer, noch Konstrukteur. Er war Händler. Einer von der lauten Sorten, der sich an der US-Westküste mit Elektronik und Gebrauchtwagen einen Namen gemacht hatte und Märkte besser verstand als Maschinen. Die Geschichte nahm ihren Lauf, als in Kalifornien Anfang der fünfziger Jahre zunehmend europäische Sportwagen auftauchten. Sie wirkten leicht, schnell, exotisch. Muntz sah darin kein ästhetisches Versprechen, sondern eine Lücke. Seine Schlussfolgerung war simpel: Wenn sich asketische Sportwagen verkaufen, dann müssten sie mit den klassischen amerikanischen Zutaten mehr Motor, mehr Platz und mehr Komfort erst recht funktionieren.

Muntz Jet, 1952/Foto: RM Sotheby´s
Der technische Ausgangspunkt kam nicht aus dem Nichts. Frank Kurtis hatte mit Kurtis Kraft bereits versucht, einen amerikanischen Sportwagen zu etablieren. Der Erfolg blieb überschaubar. 1949 übernahm Muntz Anlagen und Projekt und machte daraus etwas Eigenes. Die ersten Fahrzeuge entstanden in Glendale, Kalifornien. Das Chassis war vom Rennsport inspiriert, für den Straßeneinsatz verlängert. Ziel war kein kompromissloser Sportwagen, sondern ein schnelles, komfortables Auto für lange Distanzen.

Muntz Jet, 1952/Foto: RM Sotheby´s
Auch konstruktiv blieb der Jet in Bewegung. Frühe Fahrzeuge experimentierten mit leichten Materialien und Fiberglas-Elementen, später folgten handgeformte Aluminiumkarosserien, schließlich Stahlblech. Unter der Haube arbeiteten zunächst Cadillac-V8, später Lincoln-V8 aus dem Ford-Konzern. Automatikgetriebe waren üblich, der Innenraum großzügig ausgelegt.

Muntz Jet, 1952/Foto: RM Sotheby´s
1951 schaffte es der Muntz Jet auf das Titelblatt von Popular Science, gemeinsam mit einem Jaguar und einem MG. Hervorgehoben wurden Leistung, Hubraum und die hohe Endgeschwindigkeit von über 185 km/h – für einen straßenzugelassenen Wagen dieser Zeit ein respektabler Wert. Fahrverhalten, Balance oder Präzision spielten damals in der Berichterstattung kaum eine Rolle.

Muntz Jet, 1952/Foto: RM Sotheby´s
In der Praxis zeigte sich, warum. Gewicht, Radstand und Motorleistung standen in einem ungünstigen Verhältnis. Bremsen und Fahrwerk bewegten sich an den Grenzen dessen, was Anfang der fünfziger Jahre üblich war. Der Wagen war schnell, aber nicht konsequent. Dazu kam der wirtschaftliche Aspekt: Die Herstellung war teuer, die Stückzahlen niedrig, ein tragfähiges Händlernetz fehlte. Der Wagen verkaufte sich einfach nicht. Nicht einmal die Strahlkraft damaliger Promis, die sich einen Muntz Jetz zulegten, wirkte sich auf die Verkaufszahlen aus. Muntz beendete das Abenteuer und gab später an, mit jedem gebauten Auto 1000 Dollar verloren zu haben.

Muntz Jet, 1952/Foto: RM Sotheby´s
Wie viele Muntz Jet tatsächlich entstanden, hängt davon ab, was man mitzählt. Verschieden Quellen nennen rund 400 Fahrzeuge und vermischen dabei Prototypen, Übergangslösungen und frühe Kurtis-Ableger. Der heute gängige Konsens bei Auktionshäusern und Sammlern liegt niedriger: Rund 190 Exemplare gelten als die eigentlichen Serien-Muntz-Jet. Ein handgefertigtes, teures US-Sondermodell ohne echtes Händlernetz und ohne gewachsene Marke hatte es schwer – erst recht gegen etablierte Sportwagen wie den Jaguar XK120, die günstiger waren.

Muntz Jet, 1952/Foto: RM Sotheby´s
Heute taucht der Muntz Jet dort wieder auf, wo solche Außenseiter sichtbar bleiben: auf spezialisierten Auktionen. Das aktuell angebotene Exemplar steht bei RM Sotheby’s, Arizona 2026, mit einer Schätzung von 175.000 bis 225.000 US-Dollar. Kein Schnäppchen, aber auch kein Preis für eine etablierte Ikone.

Muntz Jet, 1952/Foto: RM Sotheby´s
Der Muntz Jet ist kein Auto, das man kennen muss. Aber man versteht ein Stück amerikanischer Nachkriegskultur besser, wenn man weiß, dass es ihn gab. Er ist ein Produkt seiner Zeit, entstanden aus Unternehmergeist, Hubraum und der Überzeugung, dass sich ein Sportwagen wie ein Marktprojekt denken lässt.
Fotos: RM Sotheby´s





















