Lamborghini Diablo: 35 Jahre Höllenmaschine
1990 schlug Lamborghini ein neues Kapitel auf. Der Diablo, der Supersportwagen aus Sant’Agata, durchbrach erstmals die 325-km/h-Marke und setzte damit eine neue Bestmarke für straßenzugelassene Fahrzeuge.
Die Wurzeln reichen bis 1985 zurück, als unter dem Codenamen „Projekt 132“ der Nachfolger des Countach entstehen sollte – mit dem klaren Ziel, das schnellste Auto der Welt zu werden. Erste Prototypen präsentierten eine kantige, radikale Formensprache, die 1987 unter der Regie des neuen Eigentümers Chrysler geglättet und in eine harmonischere, serienreife Linie überführt wurde. So entstand die endgültige Silhouette: Scherentüren, muskulöse Proportionen, ein mächtiges Heck und ein Interieur, das Sportlichkeit und damals ungekannten Komfort miteinander verband. Präsentiert wurde der Diablo 1990 im Fürstentum Monaco bei der Eröffnung der Rallye Monte Carlo. Bis 2001 blieb er im Programm – und wurde zu einer Ikone der Automobilgeschichte. Heute hält das hauseigene Polo Storico den Mythos lebendig, bewahrt Archivmaterial und bietet Restaurierungen sowie Originalitäts-Zertifizierungen an.

Prototype P132/Foto: Lamborghini
„Der Diablo ist nicht nur ein Meilenstein in der Geschichte von Lamborghini, sondern auch ein Modell mit wachsender strategischer Bedeutung“, erklärt Alessandro Farmeschi, After-Sales-Direktor von Automobili Lamborghini. „In den letzten Jahren haben wir eine deutlich gestiegene Nachfrage nach Zertifizierungen und Restaurierungen verzeichnet – getrieben von einer neuen Generation von Sammlern und Liebhabern, die das Auto als Kulturgut und Designikone begreifen.“
Auch der Name trägt Legende in sich: „Diablo“ verweist auf den gleichnamigen Kampfstier, der sich 1869 in Madrid mit dem Matador José de Lara („El Chicorro“) einen stundenlangen Kampf lieferte. Passender hätte Lamborghini sein neues Modell kaum taufen können. Der Markt reagierte begeistert: Bestellungen gingen bereits vor der offiziellen Premiere ein – in einer Zeit, in der Social Media noch Science-Fiction war und ein Prospekt das Nonplusultra der Vorabinformation darstellte.

Diablo VT/ Foto: Lamborghini
Unter der Motorhaube arbeitete ein 5,7-Liter-V12 mit 492 PS und 580 Nm. Der Spurt auf 100 km/h gelang in rund 4,5 Sekunden. Auf dem Hochgeschwindigkeitskurs in Nardò stellte der Diablo mit 337 km/h einen Weltrekord für Straßenfahrzeuge auf. Fahrdynamisch profitierte er von einem Rohrrahmen, einer Aluminium-Stahl-Karosserie mit erstmals eingesetzten Carbonfaser-Elementen und einem aufwändig konstruierten Fahrwerk. Für Lamborghini neu: Neben der brutalen Leistung bot der Diablo Komfortfeatures wie elektrisch verstellbare Sitze, Fensterheber und eine Alpine-Stereoanlage.
Während der elfjährigen Bauzeit entstanden zahlreiche Versionen. 1993 debütierte der Diablo VT, der erste Lamborghini mit Allradantrieb – ein Meilenstein, der später zum Standard bei allen V12-Baureihen wurde. Im selben Jahr erschien der SE30 zum 30-jährigen Firmenjubiläum mit 525 PS, dessen Jota-Ableger sogar 596 PS leistete. 1995 folgte der VT Roadster, Wegbereiter für alle offenen V12-Lamborghinis.

Diablo SE 30 Jota/ Foto: Lamborghini
Mit der Audi-Übernahme 1998 erhielt der Diablo eine umfassende Überarbeitung: Die charakteristischen Klappscheinwerfer wichen feststehenden Leuchten, ABS hielt Einzug, der V12 wuchs auf 6,0 Liter Hubraum. Damit begann eine neue Ära in Design und Ingenieurwesen. Der Diablo SV verkörperte kompromisslose Leistung, der GT von 1999 brachte es auf 575 PS und 338 km/h Spitze. Die finalen Ausbaustufen VT 6.0 und 6.0 SE trugen bereits die Handschrift von Luc Donckerwolke, dem ersten Chefdesigner unter Audi. Parallel öffnete der Diablo die Tür in den Motorsport: 1996 startete der Diablo SV-R, limitiert auf 32 Exemplare, in der Markeneigenen Super Sport Trophy. Daraus gingen die beiden extrem seltenen Diablo GT1 Stradale-Prototypen mit 655 PS hervor sowie der GT-R, gebaut in 40+1 Einheiten, die in der japanischen JGTC und diversen europäischen GT-Serien zum Einsatz kamen.

Diablo VT/ Foto: Lamborghini
Sein Einfluss reichte weit über die Straße hinaus. In Hollywood war der Diablo Stammgast: knallrot mit Jim Carrey in Dumm und Dümmer (1994), in Exit Wounds – Die Copjäger (2001), bei James Bond in Stirb an einem anderen Tag (2002) und in Serien wie Smallville, Nip/Tuck oder Blue Mountain State. In Videospielen wie Need for Speed der 90er war er gesetzt, während er 1992 in einem Werbespot mit Cindy Crawford für Herzrasen sorgte. Im Musikvideo Cosmic Girl von Jamiroquai wurde er endgültig zum Pop-Symbol. Prominente wie Jay Leno, Mike Tyson, Dennis Rodman, Jay Kay, Rod Stewart, Nicolas Cage, Troy Corser oder Mario Andretti zählten zu den Besitzern – der Diablo war das Statussymbol seiner Zeit.
Auch in Sachen Individualisierung setzte der Diablo Maßstäbe. Über 60 Farben standen zur Wahl, davon 40 als Sonderlackierungen im Rahmen der frühen Ad-Personam-Philosophie. Rund 550 Kunden entschieden sich für Rot – damals die populärste Wahl. Mit insgesamt 2.903 produzierten Exemplaren war der Diablo bis 2001 nicht nur ein Verkaufsrekord, sondern auch ein internationales Aushängeschild, das den weltweiten Aufstieg der Marke vorbereitete.
Das Ende der Produktion 2001 war nicht Schlusspunkt, sondern Auftakt. Der Diablo definierte das Konzept des Supersportwagens neu – und ebnete Lamborghini den Weg ins 21. Jahrhundert.
Fotos: Lamborghini