60 Jahre Lamborghini 350 GT
Im März 1964 ist Automobili Lamborghini noch ein absoluter Neuling in der Automobilwelt. Die Gründung des Unternehmens lag nur wenige Monate zurück, im Oktober 1963 hat Lamborghini mit dem 350 GTV seinen ersten von Franco Scaglione entworfenen und vom Turiner Karosseriebauer Sargiotto gebauten Prototyp vorgestellt. Das von diesem Einzelstück abgeleitete Serienauto ist der 350 GT, der im März 1964 auf dem Genfer Autosalon präsentiert wird. 60 Jahre nach diesem Debüt kehrt Automobili Lamborghini nun mit seinem ältesten existierenden Serienfahrzeug, dem 350 GT mit der zweiten Fahrgestellnummer, auf die Straßen von Genf zurück, um die Geschichte seines ersten Serienmodells zu feiern, eines Autos, das den Grundstein für die DNA des Autobauers aus Sant’Agata gelegt hat.
Die Verkaufsgeschichte von Automobili Lamborghini begann 1964 mit der Präsentation des 350 GT auf dem Genfer Autosalon. Von diesem Moment an konnten Kunden erstmals ein Auto mit dem ikonischen Stier auf der Haube erwerben. Der 350 GT blickt auf eine rasante und gleichermaßen außergewöhnliche Entstehungsgeschichte zurück. Rahmen und Fahrwerk stammen aus der Feder des damals blutjungen Ingenieurs Giampaolo Dallara, der heute als bester Chassisbauer der Welt gilt.
Der V12 mit 3,5 Liter Hubraum und vier obenliegenden Nockenwellen wurde von dem Konstrukteur Giotto Bizzarrini als Rennmotor entwickelt und anschließend von dem Ingenieur Paolo Stanzani – einer Galionsfigur in der Geschichte von Automobili Lamborghini und für GT-Fahrzeuge weltweit – für den Straßeneinsatz im 350 GT angepasst. Design und Produktion der Aluminiumkarosserie wurden dem Mailänder Unternehmen Carrozzeria Touring anvertraut, das Anfang der 60er-Jahre als Nonplusultra unter den Karosseriebauern gilt und für seine Sportwagen mit Luxusausstattung berühmt ist.
Lamborghinis erstes Serienmodell war von Anfang an ein großer Erfolg und gewann die Aufmerksamkeit zahlreicher in Genf anwesender Medienvertreter. Das extrem hochwertige Interieur des 350 GT besticht durch den großflächigen Einsatz von Leder und Chrom und zeichnet sich durch die 2+1-Konfiguration mit zwei Vordersitzen und einem zentralen Rücksitz aus. Ebenso beeindruckend, wie sein Design ist aber auch seine Technik: Die Einzelradaufhängung und der leistungsstarke Motor mit 320 PS waren damals zukunftsweisend. Der Motor wirkte wie ein Magnet auf die Messebesucher und Ferruccio Lamborghini selbst führte Schaulustigen, künftigen Kunden und Journalisten das Auto am Messestand vor. Wenige Monate später wurde Lamborghinis V12 für den 400 GT auf vier Liter aufgebohrt und avancierte in dieser neuen Konfiguration zur tragenden Säule des Erfolgs für den Autobauer aus Sant’Agata Bolognese. In den nächsten 40 Jahren fand die gleiche Geometrie immer wieder in verschiedenen Positionen und Entwicklungsformen Verwendung und wurde zu einem der wichtigsten Symbole der DNA Lamborghinis. Als Längsfrontmotor wird er im 400 GT, Islero, Jarama, Espada und LM002 eingesetzt, als quer eingebauter Mittelmotor im Miura und als Längsmittelmotor im Countach und Diablo.
Der erste 350 GT wurde an den Schlagzeuger Giampiero Giusti aus Livorno ausgeliefert, zu jener Zeit auf dem Gipfel des Erfolgs mit der Band I 5 di Lucca, die später als Quartetto di Lucca eine der wichtigsten Jazzformationen in Italien werden sollte. So begann eine enge Beziehung zwischen Lamborghini und der Welt des Showbusiness, wobei viele Schauspieler und Sänger zu Fans des Autobauers wurden. Seine erste Filmrolle erlangte der 350 GT im Film Mach mich kalt, ich friere von Columbia Pictures aus dem Jahr 1967 unter der Regie von Francesco Maselli, in dem das Gaunerpärchen in den Hauptrollen, gespielt von der gefeierten Monica Vitti und von Jean Sorel,mit dem Wagen unterwegs ist.
Das 1964 in Genf am Messestand von Lamborghini ausgestellte Fahrzeug war der allererste 350 GT mit Fahrgestellnummer 101 im Grünton Verde Ginevra Metallizzato (Grün) mit weißem Interieur. Das später als Muletto für die Entwicklung und Dauertests eingesetzte Fahrzeug wurde leider bei einem Auffahrunfall an einer Ampel zerstört.
Sein unmittelbarer Nachfolger mit der zweiten Fahrgestellnummer in Metallicgrau mit rotem Interieur, der am 15. August 1964 das Werk in Sant’Agata Bolognese verließ und just nach Genf geliefert wurde, hat die Zeit jedoch überdauert. Heute ist dieser 350 GT das älteste noch existierende Serienfahrzeug Lamborghinis, das vom Polo Storico perfekt restauriert und zertifiziert wurde. In diesem Jahr möchte Automobili Lamborghini mit einem dynamischen Comeback auf den Straßen von Genf, wo er vor 60 Jahren sein Debüt gefeiert hat, seine Geschichte würdigen.
Technische Daten 350 GT (1964–1965):
Motor: L351, Zwölfzylinder-V-Motor mit 60°-Bankwinkel
Position: Längsfrontmotor Bohrung x Hub: 77 x 62 mm Hubraum: 3464 ccm
Maximale Leistung: 320 PS bei 7000 1/min
Ventilsteuerung: 2 Ventile pro Zylinder, zwei obenliegende Nockenwellen je Zylinderbank, Kettentrieb
Versorgung: 6 Weber-Doppelvergaser Typ 40 DCOE Schmierung: Nasssumpfschmierung
Getriebe: Fünfgang-ZF-Getriebe + Rückwärtsgang
Rahmen: Rohrrahmen
Aufhängung: Einzelradaufhängung, Schraubenfedern, Teleskopdämpfer
Bremsen: Scheibenbremsen an allen vier Rädern
Elektrische Anlage: 12 V Radstand: 2550 mm
Spurweite: vorn und hinten 1380 mm
Abmessungen L x B x H in mm: 4470 x 1720 x 1220
Gewicht: 1100 kg
Reifen: Pirelli 205/15
Produzierte Exemplare: 135