Toyota GR GT & GR GT3: Comeback des Jahres!
Es gibt selten Ankündigungen, bei denen die Automobilwelt kollektiv innehält. Zum Beispiel dann, wenn Toyota Gazoo Racing zwei Prototypen vorstellt: der GR GT und der GR GT3. Beide sind offiziell noch „in Entwicklung“ – aber jeder, der den LFA kennt, erkennt die Handschrift sofort.
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Im Zentrum der Entwicklung steht niemand Geringerer als Akio Toyoda selbst – intern „Morizo“ genannt –, der lieber mit Helm im Prototypen sitzt als im Vorstandszimmer. Toyoda versteht das Autofahren wie kein anderer. Und wenn er davon spricht, dass ein Auto „fühlbar“ sein muss, meint er eine Maschine, die mit dem Fahrer spricht. Über Lenkkräfte, über Lastverlagerungen, über Gripveränderungen, über Geräusche und Vibrationen. Ein Auto, das sich lesen lässt.
Der GR GT ist ein straßenzugelassener Rennwagen, der GR GT3 die gezähmte Brutalität für die FIA-Kundensportklasse. Und beide sind als Flaggschiffe positioniert – direkte Erben des Toyota 2000GT und des LFA. Der Anspruch ist damit gesetzt: das Erbe durch Weitergabe eines Handwerks aufrechtzuerhalten. Toyota nennt das „Shikinen Sengu“ – das Prinzip, Wissen, Technik und Haltung von einer Generation zur nächsten zu übertragen.

Toyota GR GT und GR GT3/ Fotos: Toyota
Der Fahrer als Zentrum – diesmal aber wirklich
Driver First: Ein Satz, den die meisten Hersteller seit Jahren nur noch in Pressemitteilungen verwenden. Beim GR GT bedeutet das: Die Konstruktion beginnt nicht beim Infotainment oder beim vorderen Fußgängerschutz-Test, sondern damit, wo der Fahrer sitzt, wie er die Straße fühlt und wie das Auto reagiert, wenn Grip und Balance nicht mehr verhandelbar sind.
Das wichtigste Ziel war ein extrem niedriger Schwerpunkt. Motor, Getriebe, Batterie, Tank, Fahrersitz: alles wanderte nach unten, um eine Schwerpunktlage zu erreichen, die normalerweise nur bei reinen Rennfahrzeugen möglich ist. Die Ingenieure haben sogar den Schwerpunkt des Fahrers und des Fahrzeugs nahezu identisch gesetzt. Wer jemals im LFA gesessen hat, weiß, was das bedeutet: Die Sitzposition ist so tief integriert, dass der Fahrer Teil der Fahrzeuggeometrie wird.

Toyota GR GT und GR GT3/ Fotos: Toyota
Passend dazu: Die Plattform mit Frontmotor und Hinterradantrieb – ein Layout, bei dem die meisten modernen Hersteller nervös zucken, weil es ihnen zu „analog“ ist. Toyota dagegen sagt: genau so muss ein GT funktionieren.
Und dann ist da der Motor. Ein neu entwickelter 4,0-Liter-V8-Biturbo, kurzhubig, „hot V“-Anordnung, Trockensumpf, 650 PS plus Elektroschub. Das Hybridmodul sitzt direkt im hinteren Transaxle, kompensiert Drehmomentlöcher beim Schalten und liefert zusätzliche Reaktionsschärfe. Es ist ein System, das eher nach Le Mans klingt als nach Alltagshybrid.

Toyota GR GT und GR GT3/ Fotos: Toyota
Der erste Vollaluminium-Rahmen der Toyota-Geschichte
Der Vollaluminium-Rahmen des GR GT ist der bisher radikalste Bruch mit den eigenen Serienprinzipien. Er verbindet massive Gussteile, Strangpressprofile und CFK-Haut zu einem Spaceframe, der gleichzeitig leicht und extrem steif ist.
Das spart Gewicht – Zielwert unter 1.750 kg inklusive Hybrid –, aber viel wichtiger: Es ermöglicht eine neue Freiheit beim Packaging. Die Doppelquerlenker-Aufhängung, tief montiert, mit geschmiedeten Aluminiumlenkern und maßgeschneiderten Michelin Pilot Sport Cup 2, spricht eine klare Sprache: Dieser Wagen wurde nicht für die Rennstrecke angepasst. Er wurde für die Rennstrecke entworfen – und danach erst auf Alltagstauglichkeit geprüft.

Toyota GR GT/ Fotos: Toyota
Die Brembo-Karbonbremsen? Keine Überraschung. Das variable Stabilitätsprogramm mit Rennstrecken-DNA? Erwartbar. Doch das Entscheidende ist: Diese Architektur ist so angelegt, dass sie nahezu 1:1 mit dem GR GT3 geteilt werden kann. Toyota baut sein eigenes GT3-Ökosystem – und das ist nicht weniger als ein strategischer Angriff auf Porsche, Mercedes-AMG, Audi und Ferrari.
Aerodynamik: Der Designer kommt zuletzt
Toyota hat den üblichen Serienprozess auf den Kopf gestellt. Normalerweise entsteht erst das Außendesign – und erst später wird die Aerodynamik in das bestehende Design integriert. Beim GR GT lief es umgekehrt. Die Aero-Abteilung, gestärkt durch Ingenieure aus dem FIA-WEC-Programm, definierte zunächst die ideale Strömungsform.

Toyota GR GT und GR GT3/ Fotos: Toyota
Erst danach durften die Designer Skizzen entwickeln, die sowohl der Physik als auch der Fertigbarkeit entsprechen. Das Ergebnis sieht man sofort: die Kühlluftführung, der Diffusor, die multilayered Front schmale Kabine, breite Schulterlinie, funktionale Flächen statt dekorativer Linien. Das Auto wirkt nicht gestylt, sondern geformt – wie ein Werkzeug, das auch ganz zufällig ästhetisches Empfinden befriedigt.
Interieur: Funktion schlägt Showroom
Die Cockpitgestaltung folgt derselben Logik: absolute Funktionalität. Die Bedienelemente sitzen da, wo die Hände hinfallen, die Anzeigen dort, wo ein Fahrer mit Helm sie sieht. Die Schalter sind so geformt, dass sie blind zu bedienen sind – selbst bei 2g Seitenkraft. Es gibt keine überflüssigen Displays und keine Design-Gesten. Der Innenraum ist für Profifahrer, Gentleman-Driver und Alltagsnutzer gleichermaßen geeignet.

Toyota GR GT/ Fotos: Toyota
Der GR GT3: Die kompromisslose Schwester
Während der GR GT als straßentauglicher Rennwagen konstruiert wurde, ist der GR GT3 ein reines Wettbewerbsinstrument. Er übernimmt Motor, Rahmen, Konzept und Aerodynamik – und verzichtet auf alles, was im Kundensport hinderlich wäre. Toyota will damit nicht nur ein Auto verkaufen, sondern ein vollständiges Supportsystem etablieren. So wie AMG, Ferrari oder Porsche es bereits mit Erfolg tun.
Ob der Hybrid im GT3 homologiert wird, bleibt offen. Die FIA-Regeln setzen hier Grenzen, und Toyota hält die Karten noch verdeckt. Sicher ist nur: Der Motor teilt seine Architektur mit dem Serien-V8 des GR GT – ein Beispiel für echte Plattformstrategie im Motorsport.

Toyota GR GT und GR GT3/ Fotos: Toyota
Der Sound – kein synthetisches Wellnessprogramm
Toyota betont den Motorsound ausdrücklich. Und ein kurzhubiger V8 mit Twin-Turbos im „hot V“ klingt erfahrungsgemäß anders als der sonor brüllende LFA-V10, aber auch weit weg vom dumpfen Bariton amerikanischer Aggregate. Toyota beschreibt ihn als „Racing-Sound“ – übersetzt: weniger Oper, mehr Performance.
Der Ausblick: 2027
Die Markteinführung soll 2027 erfolgen. Das klingt weit weg, ist aber logisch: Die Systeme sind komplex, die Ziele hoch, die Ansprüche an Zuverlässigkeit noch höher. Aber wenn Toyota sagt, dass ein Auto erst kommt, wenn es „den Erwartungen aller Fahrer gerecht wird“, dann ist das keine PR. Es ist ein Versprechen.
Japan macht ernst
Mit dem GR GT und dem GR GT3 macht Toyota deutlich, dass die japanische Ingenieurskunst sich neu sortiert. Weniger Lifestyle, mehr Mechanik. Weniger Effekthascherei, mehr Substanz. Der LFA war ein Kunstwerk. Der GR GT ist ein Skalpell. Und der GT3? Eine Kampfansage.
Toyota hat lange zugesehen, wie Europa und Amerika die Bühne unter sich aufteilen. Jetzt stehen zwei Prototypen im Scheinwerferlicht, die klar machen: Das Spiel ist wieder offen.
Fotos: Toyota































