Der neue Porsche 911 GT3 R Rennsport
Am 29. September 2023 enthüllte Porsche bei der Rennsport Reunion 7 auf dem WeatherTech Raceway Laguna Seca ein spektakuläres Rundstrecken-Fahrzeug für Sportwagen-Enthusiasten und -Sammler. Der bis zu 456 kW (620 PS) starke 911 GT3 R Rennsport basiert auf dem neuen 911 GT3 R der Generation 992. Das in limitierter Auflage gebaute Tracktool folgt einem designorientierten Ansatz und profitiert technisch von Freiheiten, die sich über Motorsport-Reglements hinwegsetzen.
Zu den Besonderheiten des auf 77 Exemplare begrenzten Sammlerstücks zählt die markant gestaltete Karosserie. Der Porsche 911 GT3 R Rennsport vereint den wuchtigen Auftritt eines Wettbewerbsfahrzeugs mit modernen Designelementen. Dabei zitiert er aus der Motorsporthistorie des Sportwagenherstellers, ohne in einen Retro-Look abzudriften. Elementare Performance-Faktoren des GT3-Ausgangsmodells wie Luftwiderstand und aerodynamischer Abtrieb bleiben weitgehend unangetastet. Als reinrassiger Rennwagen folgt die Form des 911 GT3 R Rennsport auch weiterhin der Funktion – aber auf eine besonders emotionale und attraktive Weise.
„Der neue Porsche 911 GT3 R Rennsport bietet die vermutlich ursprünglichste Form, einen Rennwagen auf Neunelfer-Basis zu fahren“, betont Thomas Laudenbach, Leiter Motorsport. „Er produziert Gänsehautfaktoren praktisch am Fließband und paart feinste Motorsport-Technik mit der für Porsche typischen Designsprache. Mit seiner außergewöhnlichen Performance macht der 911 GT3 R Rennsport die Historie unserer Marke spür- und hörbar. Es passt gut ins Bild, dass wir ihn bei der Rennsport Reunion 7 in Laguna Seca der großen Fan-Gemeinde präsentieren. Er ist ein exklusives Angebot an unsere Kunden, das eigentlich nur ein Limit kennt: die auf 77 Exemplare begrenzte Auflage.“
Der außergewöhnliche Sportwagen wurde von Grant Larson und Thorsten Klein aus dem Team von Style Porsche entworfen. „Der 911 GT3 R Rennsport tritt als logischer Nachfolger des modernen Porsche 935 an. Während der 935 technisch auf dem seriennahen 911 GT2 RS Clubsport aufgebaut hat, nutzt der 911 GT3 R Rennsport den aktuellen 911 GT3 R der Generation 992 als Basis. Unter der weitestgehend neu gestalteten Karbonhaut steckt ein reinrassiger Rennwagen“, betont Larson. Der US-Amerikaner war 14 Jahre lang Leiter für Sonderprojekte und Motorsport-Fahrzeuge bei Style Porsche und verantwortet gemeinsam mit Thorsten Klein die Sonderfahrzeuge der Porsche Exclusive Manufaktur. Thorsten Klein ergänzt: „Wir haben dem Editionsmodell etwas mehr Breite gegeben und die Länge optisch gestreckt, zugleich steht er sehr tief auf formschönen Rädern. Dies verleiht ihm perfekte Proportionen und lässt ihn noch spektakulärer wirken.“
Markantes Design mit kraftvoller Ausstrahlung und einem dicken Ende
Grundsätzlich wurden nur die Fronthaube und das Dach vom Standard-GT3 R übernommen. Alle anderen Karosserie-Elemente wurden verändert. Die aerodynamisch ausgefeilte Geometrie des Fahrzeugbugs mit seinen Kühllufteinlässen und -führungen haben Larson und sein Team dabei weitgehend übernommen. Optische Akzente setzten die Designer im Bereich der seitlichen Finnen und Flics. Sie werden nun von einer Wange eingerahmt und gegen Beschädigungen durch Fremdkontakte geschützt. Der in seiner Formgebung radikal geänderte Zu- und Abluftfluss der vorderen Radhäuser unterstreicht den selbstbewussteren Auftritt. Konventionelle Außenspiegel entfallen und werden durch ein digitales Pendant ersetzt. Ein System aus drei in die Außenhaut des Fahrzeugs integrierten Kameras und Monitoren im Cockpit übernehmen diese Aufgabe.
Besonders prägenden Charakter besitzen die Anpassungen im hinteren Bereich des Rennwagens. Als dominierende Komponente stellt sich der mächtige Heckflügel dem Fahrtwind entgegen. Seine Formgebung erinnert an die des legendären Brumos-Porsche 935/77, mit dem der US-Amerikaner Peter Gregg 1978 zusammen mit dem Niederländer Toine Hezemans und dem Deutschen Rolf Stommelen den insgesamt siebten Gesamtsieg für einen Porsche bei den 24 Stunden von Daytona eingefahren hatte.
Die mutige Interpretation im Heckbereich entwickelt eine optische Wucht, die sich auch in den Abtriebswerten widerspiegelt: Damit die Belastung der horizontalen Elemente innerhalb der Norm bleibt, erhalten sie zwei zusätzliche Vertikalabstützungen. In ihrer Funktion erinnern sie an den Le-Mans-Rennwagen Porsche 962 und schlagen damit die Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Eine Lichtleiste aus feinen LED-Streifen mit nunmehr illuminierten Buchstaben des Porsche-Schriftzugs prägt die insgesamt breitere Heckpartie. Noch eine Etage tiefer verzichtet die weitgehend offen gestaltete Heckschürze aus Gewichtsgründen auf Gitterabdeckungen und Verkleidungen. So gewährt sie freie Sicht auf die dahinter liegende Technik und damit auch auf die Abgasanlage mit den beiden mittig platzierten Endrohren.
Der besondere Designanspruch des 911 GT3 R Rennsport spiegelt sich auch im leicht überarbeiteten Interieur wider. Die Monitore der beiden seitlichen Außenkameras fügen sich links und rechts harmonisch in den Innenraum ein. Spezielle Grafiken für den Startbildschirm des zentralen Displays und die Limitierungsplakette auf dem Armaturenträger greifen die Formen des Rennfahrzeugs auf. Eine Ambientebeleuchtung übernimmt das Thema der farblich anpassbaren Hauptscheinwerfer für den Innenraum. Alle Sicherheitseinrichtungen entsprechen geltenden FIA-Standards. Die besonders steife Käfigkonstruktion lässt nur den Einbau eines Fahrersitzes zu. Wie der weltweit eingesetzte 911 GT3 R ist damit auch der limitierte „rennsport“ ein einsitziges Fahrzeug.
Durch ihre besondere Gestaltung fallen auch die 18-Zoll-Felgen von BBS im speziellen „rennsport“-Design ins Auge. Sie vereinen alle technischen Anforderungen, die ein Wettbewerbsrad mit Zentralverschluss erfüllen muss, mit einem hohen Designanspruch. Porsche Motorsport lackiert sie serienmäßig in Dark Silver-Metallic.
Neues Farbkonzept
Beim Farbkonzept beschreitet der 911 GT3 R Rennsport neue Wege. Porsche bietet das neue Sammlerstück ab Werk mit in Achatgrau-Metallic lackierter Rohkarosse und dem Bodywork in reinem Karbon an. Auf Wunsch stehen sieben Farbtöne für die Lackierung der Karbon-Außenhaut zur Wahl, die zum ersten Mal ab Werk für ein Motorsportfahrzeug angeboten werden, darunter zum Beispiel Sternrubin oder Signalorange. Hinzu kommen drei exklusive Lackdesigns, die eine weitere Individualisierung ermöglichen. Thorsten Klein, Projektleiter Style Porsche für den GT3 R Rennsport: „Porsche ist geprägt von seiner reichhaltigen Historie. Das gilt vor allem im Rennsport. Wir haben uns daher inspirieren lassen, wollten aber keinesfalls eine Kopie anfertigen oder einen klaren Retroanstrich. Bei den drei ausgewählten Optionen geht es um Neuinterpretationen mit Augenmaß und nicht um den aufdringlichen Wink mit Geschichte.“
Das „Rennsport Reunion Design“ lehnt sich an klassische Motorsportfarben an und entrollt eine Welle über die extrem ausgeformten Flächen. Ihr Schwung erinnert an die legendäre Corkscrew-Kurvenkombination in Laguna Seca, dem Ort der Weltpremiere des 911 GT3 R Rennsport. Diese Hommage unterstreicht die Proportionen des Fahrzeugs und seines Heckflügels. Dafür sorgen auch die noch sichtbaren Karbonflächen. Zusammen mit den optionalen Lackierungen werden sie generell mit einer seidenmatten Klarlackschicht überzogen. „Flacht Design“ zeigt mit dem rot-weißen Schema die traditionell von Porsche Motorsport verwendeten Farben. Diese Farbgebung spielt optisch insbesondere mit den breiten Kotflügeln. Der Begriff „Flacht“ ist dabei jenem Ortsteil innerhalb des Porsche-Entwicklungszentrums Weissach gewidmet, auf dessen Gemarkung die Motorsportabteilung liegt. Nummer drei heißt „Speed Icon Design“. Es setzt auf verschiedene Blautöne, die vor allem die ausgeprägte Fahrzeugbreite in den Mittelpunkt rücken.
Nochmals leistungsstärkerer Rennmotor
Grundsätzlich baut der 911 GT3 R Rennsport auf dem aktuellen GT3-Rennwagen von Porsche auf. Gegenüber dem 911 GT3 R der Generation 992 setzt sich das limitierte Editionsmodell aber über die strengen Auflagen einer Motorsporthomologation oder Einschränkungen durch eine „Balance of Performance“ (BoP) hinweg. Diese zusätzlichen Freiheiten hat das Entwicklerteam rund um Dr.-Ing. Andreas Singer mit zahlreichen technischen Feinheiten in ein nochmals emotionaleres Rundstrecken-Fahrzeug umgemünzt. Es kombiniert eine höhere Motorleistung mit reduziertem Gewicht und ein spektakuläres Design mit einer hinreißenden Klangkulisse im Stil des 911 RSR. Herausgekommen ist das wohl schärfste Tracktool, das Porsche je in Sammlerhände gegeben hat.
Insbesondere der bis 9.400/min hochdrehende, 4,2 Liter große Sechszylinder-Boxer des 911 GT3 R profitiert vom Entfall der Reglement-Fesseln: Er erreicht einen Leistungszenit von bis zu 456 kW (620 PS). Dies entspricht einer Literleistung von bis zu 148 PS pro Liter Hubraum – für den Saugmotor eines GT-Rennfahrzeugs ein rekordverdächtiger Wert. Er ist damit deutlich stärker als das Ausgangsaggregat, das im 911 GT3 R je nach BoP-Einstufung bis zu 416 kW (565 PS) entwickeln kann. Der wassergekühlte Vierventiler mit Benzindirekteinspritzung wurde auf den Betrieb mit E25-Kraftstoffen ausgelegt. Hierzu zählen Bio-Ethanol-Treibstoffe und sogenanntes ReFuel ebenso wie regenerativ hergestellte eFuels, die einen nahezu CO2-neutralen Betrieb ermöglichen. Mit ihrer geringeren Klopfneigung ebnen sie den Weg für schärfere Zündwinkel und eine erhöhte Kompression in den sechs Brennräumen. Die speziell für den GT3 R Rennsport entwickelten Kolben und Nockenwellen ermöglichen die Steigerung der Leistung speziell im Betrieb mit E25 Kraftstoffen. Der Motor kann jedoch auch mit herkömmlichen Kraftstoffen betrieben werden.
Die Kraftübertragung auf die Hinterräder mitsamt sequenziellem Sechsgang-Klauengetriebe entstammt mit nur geringen Änderungen dem 911 GT3 R. Gangwechsel erfolgen über Lenkradwippen, die eine elektronische Schaltwalzenaktuatorik steuern. Die Übersetzung des vierten, fünften und sechsten Vorwärtsgangs entspricht der Daytona-Abstimmung des GT3-Rennfahrzeugs. Im sechsten Gang ermöglicht sie bei einer Motordrehzahl von 9.000/min eine rund 20 km/h höhere Höchstgeschwindigkeit als die kürzere, von der FIA homologierte Übersetzungsvariante des GT3 R. Die Rennabgasanlage mit zentral platziertem Doppelendrohr wartet in der offenen Version mit einem unverfälschten, besonders emotionalen Motorsound auf. Für den Einsatz auf Rennstrecken mit Geräuschbeschränkungen stehen zwei leisere Varianten mit Schalldämpfern und Katalysatoren zur Verfügung.
Auch das Fahrwerk entspricht grundsätzlich dem GT3-Rennwagen. An der Vorderachse übernimmt weiterhin ein hochmodernes Doppelquerlenker-Layout die Führung der Räder, an der Hinterachse versieht eine Mehrlenkerkonstruktion Dienst. Die fünffach verstellbaren Rennsport-Stoßdämpfer von KW besitzen eine Blow-off-Funktion. Porsche Motorsport liefert den 911 GT3 R Rennsport mit einem spezifischen Basis-Setup aus. Weitere Anpassungen können über sogenannte Shims vorgenommen werden. Vorteil dieser Zielwertscheiben: Sie ermöglichen Feinjustierungen ohne aufwändiges Vermessen des Fahrwerks. Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal des Fahrzeugs ist die von Michelin exklusiv für GT3 R Rennsport-Kunden angebotene Rennbereifung. Diese Reifen profitieren von einer neuen Konstruktion und Laufflächenmischung, die im Vergleich zum Michelin Pilot Sport M S9 (S9M) ein verbessertes Aufwärmverhalten und eine optimierte Fahrbarkeit mit sich bringen. Dabei fügt sich die speziell entwickelte Gestaltung der Reifenflanke nahtlos in das optische Erscheinungsbild des Fahrzeugs ein.
Die Aluminium-Monoblock-Rennbremsanlage von AP erhält Bremsbeläge mit Titanträgerplatten. Sie reduzieren die ungefederten Massen insgesamt um zirka ein Kilogramm. Auch der neue FT3.5-Sicherheitstank mit 117 Litern Fassungsvermögen dient der Gewichtseinsparung: Er wiegt ein Kilogramm weniger als zuvor und kann zukünftig im 911 GT3 R ebenfalls im Renneinsatz verwendet werden. Eine weitere Gewichtseinsparung resultiert aus dem Entfall der Klimaanlage. Die Belüftung des Fahrers erfolgt über das Sitzkühlungskonzept des 911 GT3 R. Insgesamt peilen die Entwickler für den 911 GT3 R Rennsport ein Leergewicht von 1.240 Kilogramm an. Dies käme einem Leistungsgewicht von 2,0 kg/PS gleich.