FERRARI 12CILINDRI
Seit 1947 gibt es ein besonderes Charakteristikum, das Fans des Cavallino Rampante begeistert und elektrisiert: ein als Front-Mittelmotor angeordneter V12-Sauger. Dies war das allererste Ferrari Triebwerk, das sich röhrend seinen Weg durch die Werkstore in Maranello bahnte. Mit exakt diesem Antriebsaggregat zeigte sich nun der Ferrari 12Cilindri erstmals der Öffentlichkeit und den Medien
Seine Inspiration bezieht der 12Cilindri von den legendären Ferrari Grand Tourern der 1950er und 1960er Jahre. Als Triebwerk des 12Cilindri fungiert die jüngste Weiterentwicklung des legendären V12, der den Grundstein für die Legende aus Maranello legte. In der neuesten Version entfesselt er 611 kW (830 PS), während die maximale Drehzahl auf berauschende 9500/min steigt. Eine ausgefeilt konzipierte Leistungskurve stellt sicher, dass 80 Prozent des Drehmomentmaximums bereits bei lediglich 2500 Touren verfügbar sind. Dies führt einerseits zu einem sofortigen Ansprechen des Aggregats als Reaktion auf Gaspedalbefehle und erzeugt andererseits ein Gefühl nie enden wollender Kraft bis hinauf zur roten Linie.
ANTRIEB
Der 12Cilindri verfügt über den F140HD-Motor: die neueste Version des legendären Ferrari V12-Saugmotors. Der Motor entfaltet bis zu 611 kW bzw. 830 PS, während die Höchstdrehzahl nun 9500 Umdrehungen erreicht.
Um dem V12 eine derart hohe Drehzahl zu ermöglichen, reduzierten die Ingenieure Gewicht und Trägheit der Motorkomponenten, indem sie Titanpleuel einsetzten, die im Vergleich zu Stahl 40 Prozent weniger rotierende Masse aufweisen – bei gleicher mechanischer Festigkeit. Für die Kolben kam eine neue Aluminiumlegierung zum Einsatz, die sie leichter als frühere Anwendungen macht. Eine weitere Gewichtsreduzierung erzielten die Entwickler durch eine neu kalibrierte und drei Prozent leichtere Kurbelwelle.
Der Ventiltrieb mit Gleitschlepphebeln nutzt die reichhaltige Erfahrung von Ferrari in der Formel 1. Er wurde speziell für den V12 mit dem Ziel entwickelt, die Masse zu reduzieren und hochleistungsfähige Ventilprofile zu nutzen. Die Nocken wirken über Gleitschlepphebel aus Stahl mit DLC-Beschichtung (Diamond-Like-Carbon) auf die Ventilschäfte ein, wobei ein Hydrostößel als Drehpunkt dient. Der Einsatz von DLC reduziert den Reibungskoeffizienten an kritischen Stellen und verbessert dadurch den mechanischen Wirkungsgrad des Motors deutlich.
Ein Großteil der Modifikationen konzentrierte sich auf die Optimierung der Drehmomentabgabe unter allen Betriebsbedingungen. Als Ergebnis präsentiert sich ein Motor mit sanftem und zugleich sofortigem Ansprechen, der maximale Leistung an der roten Linie liefert.
Krümmer und Luftsammler bauen jetzt kompakter, um die Gesamtlänge der Kanäle zu reduzieren und so mehr Leistung bei hohen Drehzahlen zu liefern, während die Drehmomentkurve bei allen Drehzahlen durch ein System von Einlasskanälen mit variabler Geometrie optimiert wird. Dadurch kann die Länge des Ansaugtrakts kontinuierlich verändert werden, um die dynamische Ladung im Zylinder zu maximieren.
Erstmals wurde hier bei einem Saugmotor eine innovative Softwarestrategie entwickelt, die das maximal verfügbare Drehmoment abhängig vom gewählten Gang verändern kann. Dies gibt dem Fahrer beim Hochschalten das Gefühl eines sanften, progressiven Ansprechverhaltens:
Ein Crescendo aus scheinbar nie enden wollender Beschleunigung und kraftvollster Leistungsentfaltung ist das Markenzeichen aller Ferrari V12-Motoren. Beim jetzt realisierten F140HD kommt nun das neue, innovative Aspirated Torque Shaping (ATS) zum Einsatz. Dank dieser elektronischen Steuerung war es möglich, die Drehmomentkurve im dritten und vierten Gang zu optimieren und die Wahrnehmung des Drehmoments zu verbessern, ohne die Beschleunigung zu beeinträchtigen – alles zur Förderung des Fahrvergnügens. Neue Übersetzungsverhältnisse halten darüber hinaus das Beschleunigungsvermögen hoch und ermöglichten es den Ingenieuren, eine neue Form der Drehmomentkurve für einen Saugmotor zu definieren.
Die Optimierung der mechanischen Effizienz des Triebwerks und des Schmierkreislaufs ist ein entscheidender Faktor für hohe Leistung und niedrigen Verbrauch. Durch die Kalibrierung der Ölpumpe mit variabler Fördermenge kann das Öl im gesamten Motor optimal zirkulieren und dann zusammen mit den Dämpfen aus der Ölwanne zurückgewonnen werden. Mithilfe eines Magnetventils, das die Motor-ECU in einem geschlossenen Regelkreis ansteuert, wird die Förderleistung der Pumpe in Bezug auf Motordrehzahl und Druck gesteuert, sodass nur die erforderliche Ölmenge bereitgestellt und dadurch eine Menge Energie gespart wird. Die neue Konfiguration des Öltanks und des Hydraulikkreislaufs reduziert Verluste auf ein Minimum und optimiert die Funktionalität unter allen Betriebsbedingungen.
Die mit 350 bar arbeitende Kraftstoffdirekteinspritzung besteht aus zwei Benzinpumpen und vier Rails mit Drucksensoren, die Rückmeldungen an das Druckregelsystem geben. Die elektronischen Einspritzventile können außerdem bis zu drei Einspritzungen pro Zyklus steuern. Das Zündsystem wird permanent vom Motorsteuergerät überwacht und verfügt über eine Einzel- und Mehrfunkenfunktion. Die ECU steuert zudem die Verbrennung in der Kammer derart, dass der Motor immer mit maximalem thermischen Wirkungsgrad arbeitet. Dies wird ferner durch eine ausgeklügelte Strategie zur Erkennung der Oktanzahl des verwendeten Kraftstoffs erreicht.
Das neue Abgassystem des 12Cilindri wurde entwickelt, um ihm die Einhaltung der neuesten Emissionsvorschriften (EU6E, China6B und BIN50) zu ermöglichen. Das System verfügt über einen Keramikkatalysator und einen Benzinpartikelfilter: die aktuell fortschrittlichste Technologie zur Emissionsreduzierung, zu der ferner eine aufwendige Kalibrierung der Softwarestrategien zählt.
Der Sound spielt eine maßgebliche Rolle für einen Ferrari V12 . Zu diesem Zweck wurde jedes Element des Ein- und Auslasstrakts optimiert. Abgasstränge gleicher Länge, ein 6-in- 1-Krümmer für jede Zylinderbank führten zum typischen Brüllen eines Ferrari V12, das alle prachtvollen Verbrennungsfrequenzen umfasst.
Der 12Cilindri verfügt über das 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, das bereits bei anderen Modellen, beginnend mit dem SF90 Stradale, einhellige Begeisterung erntete. In Kombination mit größeren Reifen auf 21-Zoll-Felgen bietet diese Lösung im Vergleich zu früheren V12-Anwendungen fünf Prozent kürzere Getriebeübersetzungen in den unteren Gängen und zwölf Prozent mehr Drehmoment an den Rädern – alles zum Vorteil der Längsbeschleunigung und zur Verkürzung der Schaltzeiten, die beim 12Cilindri rund 30 Prozent schneller sind als bei früheren V12-Berlinetta-Anwendungen.
Die Leistung beim Beschleunigen in den einzelnen Gängen wurde insgesamt entscheidend erhöht, während die Einführung eines achten Gangs die Reichweite beim Fahren auf der Autobahn deutlich erhöht. Das 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe fördert damit sowohl die Effizienz als auch den Durchzug in allen Gängen.
DESIGN
Mit dem 12Cilindri machten sich Flavio Manzoni und das Designteam des Ferrari Centro Stile daran, die stilistischen Codes der bisherigen Ferrari V12-Modelle mit Front-Mittelmotor radikal zu verändern. Tatsächlich stellt das Modell eine klare Abkehr von der rein skulpturalen Sprache dar, die beispielsweise den 812 Competizione charakterisierte. Der 12Cilindri setzt stattdessen auf ein noch anspruchsvolleres Designkonzept, das die formale Strenge aber behält – und Erinnerungen an den Daytona weckt.
Klare Linien dominieren die Geometrie des Fahrzeugs und unterstreichen die Volumen, die ein nahtlos ineinandergreifendes Ganzes bilden. Die sauber gearbeiteten Flanken verlaufen von einer V-förmigen Fläche ausgehend entlang des gesamten Fahrzeugs nach hinten. Der muskulöse Heckflügel ist imposant, am Frontflügel kommt diese muskulöse Spannung noch etwas deutlicher zum Ausdruck, während sie an den Flanken zurückgenommen wurde, was die monolithische Ästhetik der Karosserie nochmals betont.
Die stark modellierte Motorhaube präsentiert sich extrem schlank und integriert die vorderen Kotflügel. Der Verzicht auf Schnittlinien von den Kotflügeln trägt mit einer glatten, ununterbrochenen Fläche zum Eindruck des muskulösen Designs bei. Außerdem verleiht diese Lösung der gesamten Motorhaube ein Gefühl ultrareiner Fluidität, unterbrochen nur durch zwei Lüftungsschlitze zur Kühlung des Motorraums. Eines der Ziele für den 12Cilindri bestand darin, Designsprachen zu erforschen, die nur am Rande mit der Automobilwelt zu tun haben. Dadurch hat die Fahrzeugfront bestimmte charakteristische Elemente verloren, wie die längliche Form der Scheinwerfer und die traditionelle Kühlergrillform. Stattdessen entschied man sich zugunsten von Geometrien und Schnittlinien, die dem Design inhärent
sind. Die Scheinwerfer schließlich sind in ein einziges umlaufendes Band integriert, aus dem die Tagfahrlichter wie Flügel hervortreten.
Ein ähnlicher Ansatz wurde bei der Architektur am Heck gewählt: Hier ist ebenfalls Strenge angesagt, so bei der Form, die durch Subtraktion der Volumen erzielt wird. Im Einklang mit dem Design der Fahrzeugfront sind die Rücklichter in einen Flügel eingelassen, der den gesamten konkaven Heckbereich durchzieht und wohl das eigentliche Markenzeichen des 12Cilindri darstellt. Dies zeigt einmal mehr, wie geschickt die Designer des Ferrari Centro Stile funktionale und technische Merkmale mit Aspekten wie Schönheit verbinden.
Anstelle eines Heckspoilers haben die Designer zwei aktive Klappen in die Heckscheibe integriert und auf diese Weise ein charakteristisches Delta-Thema geschaffen.
Der Heckbereich endet in einem sehr klaren, monolithischen Volumen, das ebenfalls in Wagenfarbe gehalten ist. Der untere Bereich – in Schwarz oder Karbonfaser – zeichnet sich durch markante Diffusorleitbleche aus, über denen die Karosserie fast zu schweben scheint. Zu diesem Bereich gehören auch Sensoren und zwei Doppel-Auspuffendrohre. Die aus insgesamt vier Elementen bestehenden Rohre besitzen ebenfalls eine völlig neue Form: Eine Metallumrandung reduziert optisch ihre Größe und sorgt für mehr Kompaktheit.
AERODYNAMIK
Das Hauptziel bei der Entwicklung des Aerodynamikverhaltens des 12Cilindri bestand darin, eine vergleichsweise einfache und elegante Karosserieform zu schaffen, ohne Kompromisse beim Leistungsvermögen einzugehen. Ein 25-mm-Nolder auf der Kofferraumklappe und ein aktives Aero-Element sind charakteristische Merkmale des Hecks. Während der Nolder die für höchste aerodynamische Effizienz bei minimalem Luftwiderstand nötige Rekompression aufrechterhält, ermöglichen die Klappen zwei verschiedene Konfigurationen: „Low Drag“ (LD) bzw. „High Downforce“ (HD).
In der Low-Drag-Position schließen die Klappen bündig mit der Karosserie ab, sodass die Luft ungehindert darüber strömen kann. Diese Konfiguration wird bis zu einer Geschwindigkeit von 60 km/h beibehalten, wenn der Abtrieb für die Leistung des Fahrzeugs nicht sehr relevant ist – was auch über 300 km/h der Fall ist. Zwischen diesen beiden Geschwindigkeiten spielt jedoch der Abtrieb eine zentrale Rolle, wobei die Stellung der Spoiler von der Längs- und Querbeschleunigung des Fahrzeugs abhängt. In der High- Downforce-Position erzeugt der 12Cilindri maximalen Abtrieb und garantiert auf diese Weise ein ausgewogenes aerodynamisches Verhalten.
Der Unterboden wiederum wurde im Hinblick darauf konzipiert, dass die effiziente Generierung der Vertikallast maximiert und die heiße Luft aus den vorderen zentralen Kühlern optimal abgeführt wird. Die ausgefeilte Form und das Profil der Luftschlitze in der zentralen Öffnung des Unterbodens minimieren den Einfluss der nicht besonders energiereichen heißen Luft. Im Unterdruckbereich hinter den Vorderrädern wurden zwei Schlitze geschaffen, die den Überdruck im Motorraum reduzieren und dadurch die Effizienz der abstrahlenden Massen erhöhen, den Luftwiderstand senken und für Abtrieb sorgen.
Wie schon beim Ferrari 812 Competizione wird am vorderen Unterboden Abtrieb durch drei im Windkanal optimierte Vortexgeneratorpaare erzeugt. Der vordere Unterboden
trägt zudem zur Kühlung der Bremsen bei, indem er einen Luftstrom mit niedriger Temperatur vom Frontsplitter weiterleitet.
Der zentrale Teil des Unterbodens wurde so konzipiert, dass die Luftströme effizient geleitet werden, um die Energie auf dem Weg zum Heckdiffusor zu erhalten. Zu diesem Zweck wurde die Öffnung des Getriebetunnels verkleinert, um die darin strömende Luftmenge möglichst gering zu halten. Eine erhöhter Bereich vor den Hinterrädern schützt die Reifen und lenkt die Strömung nach hinten um.
Der hintere Unterboden ist mit zwei Vortexgeneratoren ausgestattet, die effizient Abtrieb erzeugen und die Strömung in Richtung des Extraktors leiten. Im Einklang mit der Ferrari Philosophie, Innovationen aus dem Motorsport auf straßentaugliche Sportwagen zu übertragen, entwarfen die Ingenieure einen Lufteinlass nahe der Außenkante des hinteren Stoßfängers, um die Elektronik des Schalldämpfers zu belüften.
CHASSIS
Das Vollaluminium-Chassis des 12Cilindri besitzt nicht nur einen 20 Millimeter kürzeren Radstand als der 812 Superfast – es ist vielmehr komplett neu. Besonderes Augenmerk legten die Entwickler auf die Geometrie von Gusskomponenten, wie Shock-Tower oder A- und C-Säulen, um die Torsionssteifigkeit zu verbessern und gleichzeitig das Gewicht zu reduzieren.
Der Aufbau über dem neuen Chassis zeichnet sich durch hervorragende NVH- und Sicherheitseigenschaften aus – außerdem durch sauber definierte Belastungslinien, die eine höhere Steifigkeit ohne Gewichtszunahme im Vergleich zu früheren Ferrari 12- Zylinder-Modellen ermöglichten. Ergebnis ist eine Steigerung der Torsionssteifigkeit um 15 Prozent, verglichen mit dem 812 Superfast, was ein kalkulierbares Dynamikverhalten mit daraus resultierenden Vorteilen für die Federungspräzision mit sich bringt. Dank der umfassenden Verwendung von Gussteilen konnte schließlich die Zahl der extrudierten Komponenten erheblich reduziert werden, was den Montageprozess effizienter macht.
Zum ersten Mal bei einem Ferrari Serienmodell wurde für den 12Cilindri Sekundäraluminium aus 100 Prozent recyceltem Material zur Produktion der Shock-Tower des Getriebe-Hilfsrahmens verwendet. Dies sorgt für eine Reduzierung der Kohlendioxidemissionen um 146 Kilogramm bei jedem produzierten Fahrzeug. In umfangreicher Entwicklungsarbeit konnte sichergestellt werden, dass die mechanischen Eigenschaften denen von Primäraluminium entsprechen, wobei man sich die geringfügigen Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung zunutze macht. Der Validierung dieser neuen Legierung dienten umfangreiche Tests, um das statische und dynamische Verhalten der Komponenten zu bewerten und beste Ergebnisse bei Ermüdungs- und Crashtests sicherzustellen.