Der Ferrari von Jeremy Clarkson
Es gibt Ferraris – und es gibt Ferraris, die von Jeremy Clarkson gefahren wurden. Dieses Exemplar hier gehört zur zweiten Kategorie. Der 1996er Ferrari F355 GTS Targa ist nicht nur ein Klassiker der späten V8-Ära aus Maranello, sondern auch ein prominenter Medienstar mit dokumentierter Hauptrolle in Clarksons Karriere. Das Fahrzeug wird im Rahmen einer Auktion von RM Sotheby’s versteigert Der Schätzpreis: 180.000 bis 220.000 Pfund – umgerechnet rund 212.000 bis 260.000 Euro.

Top Gear, The Grand Tour und ein Targa-Dach
Jeremy Clarkson ist nicht irgendein Fernsehmoderator. Bis 2015 war er das Gesicht von Top Gear, Mitbegründer von The Grand Tour und einer der einflussreichsten Autojournalisten der letzten Jahrzehnte. Sein Stil: scharfzüngig, meinungsstark, unterhaltsam. Wenn Clarkson ein Auto gut findet, hören Millionen hin. Wenn er es liebt – wie diesen Ferrari – wird es Geschichte.
In seiner VHS-Sonderausgabe Unleashed on Cars (1996) erklärte Clarkson damals den F355 kurzerhand zum „besten Auto der Welt – ever“. Kein ironischer Halbsatz, kein Relativieren. Nur pure Überzeugung. So sehr, dass er ihn kaufen musste.

Jeremy Clarksons Ferrari F355 GTS/Foto: RM Sotheby´s
Rosso Corsa: die Spezifikation
Bestellt wurde das Fahrzeug über Maranello Sales in Egham – ein Ferrari-Händler mit Art-déco-Showroom und Adresse für Leute, die wissen, was sie wollen. Geliefert wurde der F355 GTS im August 1996 mit dem Kennzeichen P199 YPL. Clarkson entschied sich für die klassische Ferrari-Kombi: außen Rosso Corsa, innen Crema-Leder mit roten Teppichen. Das Besondere: die extrem seltenen Sportsitze mit roten Einsätzen. Ein Targa-Dach gab’s obendrauf – für mehr Sonne im Haar und Klang im Ohr.
Originalbriefe von Maranello Sales belegen die Konfiguration. Die zugehörige Garantiekarte führt Clarkson als ersten Besitzer. Das Auto ist also nicht „angeblich“ seins gewesen – es war seins.

Sunday Times, Führerschein und Zahnriemen
Das Auto tauchte mehrfach in der britischen Presse auf, vor allem in der Sunday Times, wo Clarkson regelmäßig Kolumnen veröffentlichte. Legendär: der Versuch, 1999 seine Fahrprüfung in genau diesem Ferrari zu wiederholen – Ergebnis: durchgefallen. In Top Gear Magazine (2000) schrieb er, dass der Wagen in den ersten vier Jahren gerade einmal 6.000 Meilen gelaufen sei – davon einige Strecken zurück nach Maranello Sales für Wartungen. Der Zahnriemen wurde 1999 ersetzt – alles dokumentiert.

Jeremy Clarksons Ferrari F355 GTS/Foto: RM Sotheby´s
Karriere nach Clarkson
Nach seinem medialen Auftritt wurde der Wagen in der Sunday Times verlost – nicht verkauft. Der zweite Besitzer nutzte ihn mit Sorgfalt, bevor er 2003 in dritte Hände überging. Von 2013 an befindet sich der Ferrari in der Sammlung des aktuellen Eigentümers. Die Wartung übernahm seitdem John Pogson von Italia Autosport in Huddersfield – einer der renommiertesten Ferrari-Spezialisten Großbritanniens.
Im Mai 2025 wurde ein umfassender Service durchgeführt: Zahnriemen, Lenkgetriebe, Lackaufbereitung – alles zusammen für 9.345 Pfund. Der Wagen erhielt frischen TÜV (MoT) und zeigte beim Katalogisierungszeitpunkt einen Meilenstand von exakt 14.899.

Jeremy Clarksons Ferrari F355 GTS/Foto: RM Sotheby´s
Clarkson als automobilkulturelles Phänomen
Jeremy Clarkson ist mehr als nur ein Name auf einer Garantiekarte. Er ist Teil des kollektiven Gedächtnisses britischer Autokultur. Seine Meinung bewegte Märkte, seine Kritik zerstörte Karrieren von Autos, seine Begeisterung machte Modelle zu Ikonen. Dass dieser F355 GTS ausgerechnet sein Auto war, verleiht ihm einen kulturellen Mehrwert, der über PS-Zahlen hinausgeht.
Der Wagen kommt mit vollständiger Dokumentation: originale Bestellunterlagen, Garantiekarte, Bordbuch im Etui, Werkzeugset und Hülle. Dazu ein manuelles Getriebe, das man heute kaum noch findet, und ein prominenter Vorbesitzer, der sein Leben lang behauptet hat, das Auto sei „das Beste aller Zeiten“. Was will man da noch sagen?