Ferrari Amalfi – Wie Ferrari den GT neu definiert
Ferrari hat einen neuen Namen in sein Portfolio aufgenommen: Amalfi. Technisch und formal ist der Amalfi eine Berlinetta neuer Generation – ein sportliches Coupé mit Frontmotor, hoher Leistung und klarer Designsprache. Im engeren historischen Sinn ist er eher ein GT mit Berlinetta-Genen.
Der Amalfi ist der Nachfolger des Ferrari Roma – ein 2+2-Coupé mit Front-Mittelmotor, klassischer Proportion und umfangreich überarbeitetem Innenleben. Der Ferrari Amalfi tritt in einer Fahrzeugkategorie an, die zwar nicht so lautstark gefeiert wird wie die Supersportfraktion aus Maranello, aber über Jahrzehnte hinweg fester Bestandteil der Modellhistorie war. Wer an Modelle wie den 456 GT, 612 Scaglietti oder den GTC4Lusso denkt, erkennt: Hier geht es um schnelles, komfortables Reisen – ohne auf Emotion zu verzichten. Der Amalfi führt dieses Konzept mit neuem Fokus weiter.
Kernstück des Fahrzeugs ist der bekannte Achtzylinder aus der F154-Baureihe. 3.855 cm³, V8, Biturbo, flacher Kurbeltrieb – soweit die bekannten Eckdaten. Für den Einsatz im Amalfi wurde der Motor weiterentwickelt: Die Leistung beträgt jetzt 640 PS bei 7.500 U/min, das Drehmoment liegt bei 760 Nm, anliegend zwischen 3.000 und 5.750 U/min. Damit liegt der Amalfi rund 30 PS über dem Roma. Zu verdanken ist das einer neuen Ladergeometrie, die den maximalen Ladedruck mit bis zu 171.000 U/min der Turbinen regelt. Neue Drucksensoren je Zylinderbank sorgen für präzisere Regelung, eine überarbeitete ECU (bekannt aus Purosangue und 296 GTB) stimmt alle Abläufe in Echtzeit ab. Flankiert wird das Ganze von Leichtbaumaßnahmen am Ventiltrieb und einem optimierten Schmierstoffkreislauf mit niedrigviskosem Öl – ein Novum in einem Ferrari-V8.
Die Kraftübertragung erfolgt über das bewährte Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe im Ölbad, das erstmals im SF90 Stradale vorgestellt wurde. Es wurde softwareseitig auf das Grand-Touring-Profil des Amalfi abgestimmt. Die Gangwechsel erfolgen schnell, aber nicht ruckartig, die Stadtfahrt soll ebenso harmonisch gelingen wie die Beschleunigung auf der Landstraße. Auf dem Datenblatt stehen 3,3 Sekunden für den Sprint von 0 auf 100 km/h, 9,0 Sekunden bis 200 km/h und eine Höchstgeschwindigkeit von 320 km/h. Das Leistungsgewicht von 2,29 kg/PS ist in dieser Fahrzeugkategorie bemerkenswert.
Dass Ferrari nicht nur die Motorleistung, sondern auch die Aerodynamik im Blick hatte, zeigt ein Blick auf das aktive Spoilersystem am Heck. Der dort integrierte Flügel kann sich je nach Fahrsituation in drei Positionen bewegen – von Low Drag (LD) über Medium Downforce (MD) bis hin zu High Downforce (HD). Letzteres sorgt bei 250 km/h für bis zu 110 kg Abtrieb, ohne den Luftwiderstand drastisch zu erhöhen. Unterstützt wird das Konzept durch einen aufgeräumten Unterboden, Vortex-Generatoren im Frontbereich und Luftleitelemente an den Radkästen. Die Karosserie folgt dabei einer klaren Formsprache – ohne angedeutete Rennsport-Elemente, aber mit technischer Konsequenz.
Die Maße des Amalfi deuten auf ausgewogene Proportionen: 4.660 mm Länge, 1.974 mm Breite und 1.301 mm Höhe, bei einem Radstand von 2.670 mm. Die Spurweiten (vorn 1.652 mm, hinten 1.679 mm) sind fast symmetrisch. Das Trockengewicht gibt Ferrari mit 1.470 kg an – eine Zahl, die angesichts der Ausstattung und Antriebseinheit als konservativ gilt. Die Gewichtsverteilung liegt bei 50:50, der Tank fasst 80 Liter, der Kofferraum 273 Liter. Genug für zwei Reisetaschen und ein Maßhemd mit Kragenstütze.
Im Innenraum verabschiedet sich Ferrari von der sensorischen Bedienlogik vergangener Jahre. Der Amalfi bringt den Startknopf zurück – aus Aluminium, am Lenkrad, analog. Auch die übrigen Bedienelemente wurden physisch gestaltet. Das Lenkrad enthält Tasten für Fahrerassistenzsysteme links und Infotainment rechts, ergänzt durch Drehregler für Lautstärke und Senderwahl auf der Rückseite. Das Anzeige-Trio besteht aus einem 15,6″-Instrumentendisplay, einem 10,25″-Touchscreen in der Mittelkonsole und einem 8,8″-Beifahrerdisplay. Wer möchte, kann während der Fahrt G-Kräfte und Drehzahl als Copilot verfolgen.
Die Sitze – auf Wunsch mit Massagefunktion und Belüftung – sind in drei Größen erhältlich. Die Rücksitze bleiben dem 2+2-Format treu, bieten also eingeschränkten Komfort, aber nutzbaren Stauraum oder Platz für kleine Mitfahrer. Das optional erhältliche Burmester-Soundsystem liefert mit 14 Lautsprechern und 1.200 Watt eine Klangkulisse, die laut Datenblatt weniger an italienische Oper, sondern eher an deutschen Ingenieurstolz erinnert. In puncto Konnektivität ist alles an Bord, was heute erwartet wird: Apple CarPlay, Android Auto, kabelloses Laden, Online-Diagnose via MyFerrari Connect.
Bei den Fahrerassistenzsystemen zeigt Ferrari, dass auch ein Sportwagen im Jahr 2025 nicht mehr ohne Rundumüberwachung auskommt: adaptiver Tempomat, Notbremsassistent, Spurhalte- und Müdigkeitswarnung, Verkehrszeichenerkennung, automatische Fernlichtregelung, 360°-Kamera sowie ein optionaler Frontlifter, der das Fahrzeug bis 35 km/h um 40 mm anhebt. Das macht sich bei Einfahrten und Bordsteinen bezahlt.
Die Fahrwerksabstimmung baut auf bekannten Systemen wie dem Side Slip Control (SSC 6.1) und der elektronisch geregelten Dämpferlogik SCM-E Frs auf. Der neue ABS-Evo-Controller nutzt Daten eines 6D-Sensors zur Regelung der Bremskräfte – je nach Oberflächenhaftung und Fahrmodus. Damit soll der Amalfi in allen Manettino-Stellungen präzise und vorhersehbar reagieren. Ergänzt wird dies durch ein Brake-by-Wire-System, das für kürzere Pedalwege und bessere Dosierbarkeit sorgen soll. Ferrari nennt einen Bremsweg von 100 km/h auf 0 in 30,8 Metern und von 200 km/h auf 0 in 119,5 Metern – Werte, die sich im Vergleich zur Konkurrenz sehen lassen.
Die Bereifung – wahlweise Bridgestone Potenza Sport oder Pirelli P ZERO – kommt in den Dimensionen 245/35 R20 vorn und 285/35 R20 hinten. Das ist nicht unüblich in dieser Fahrzeugklasse, aber in Kombination mit dem abgestimmten Fahrwerk und dem kurzen Hecküberhang ein Hinweis auf ausgewogene Handlingeigenschaften. Die Felgen bleiben bei 20 Zoll, wohl aus Gründen der Proportionen und des Federungskomforts. Höhere Radgrößen wären zwar optisch spektakulärer, hätten aber wohl die Langstreckentauglichkeit eingeschränkt.
Designseitig orientiert sich der Amalfi am Roma, geht aber eigene Wege. Statt retroinspirierter Chromspangen zeigt sich der Amalfi sachlicher. Die Front verzichtet auf einen klassischen Kühlergrill, stattdessen dominiert eine monochrome Fläche mit integrierten LED-Leuchten und verdeckter Sensorik. Die Seitenlinie wirkt wie aus einem Guss, ohne sichtbare Schwelleransätze oder Abrisskanten. Am Heck sorgen grafisch reduzierte Rückleuchten, ein breiter Diffusor und der aktive Flügel für funktionale Formgebung.
In der Summe steht mit dem Ferrari Amalfi ein Fahrzeug, das die GT-Idee ins Jahr 2025 überträgt. Kein extrovertierter Supersportler, kein Museumsstück mit Straßenzulassung – sondern ein technikbetontes, auf Alltag und Fernreise ausgelegtes Coupé. Mit einem Einstiegspreis von rund 240.000 Euro markiert der Ferrari Amalfi den unteren Rand der aktuellen Ferrari-Preisliste – zumindest auf dem Papier. In der Realität wird kaum ein Exemplar ohne Sonderausstattung den Showroom verlassen.
Fotos: Ferrari
FERRARI AMALFI – TECHNISCHE DATEN
ANTRIEB
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Typ: V8-Biturbomotor – Nasssumpfschmierung
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Hubraum gesamt: 3.855 cm³
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Bohrung x Hub: 86,5 × 82 mm
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Maximalleistung: 640 PS bei 7.500 U/min*
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Max. Drehmoment: 760 Nm bei 3.000–5.750 U/min
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Max. Drehzahl: 7.600 U/min
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Verdichtungsverhältnis: 9,4:1
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Literleistung: 166 PS/l
ABMESSUNGEN UND GEWICHTE
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Länge: 4.660 mm
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Breite: 1.974 mm
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Höhe: 1.301 mm
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Radstand: 2.670 mm
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Spurweite vorne: 1.652 mm
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Spurweite hinten: 1.679 mm
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Trockengewicht*: 1.470 kg
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Leistungsgewicht (trocken): 2,29 kg/PS
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Gewichtsverteilung: 50 % vorne / 50 % hinten
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Tankinhalt: 80 Liter
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Kofferraumvolumen: 273 Liter
REIFEN UND FELGEN
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Vorderachse: 245/35 R20 J8.0
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Hinterachse: 285/35 R20 J10.0
BREMSANLAGE
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Vorne: 390 × 223 × 34 mm
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Hinten: 360 × 233 × 32 mm
GETRIEBE
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8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (F1 DCT)
ELEKTRONISCHE FAHRDYNAMIKSYSTEME
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EPS (elektrische Servolenkung), VDC (Fahrdynamikregelung), ABS mit EBD (elektronische Bremskraftverteilung)
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F1-TCS (Traktionskontrolle), E-Diff3 (elektronisches Differenzial), SSC 6.1 (Seitenneigungsregelung)
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FDE 2.0 (Ferrari Dynamic Enhancer), SCM-E Frs (aktive Dämpferregelung), ABS Evo in allen Manettino-Positionen
FAHRLEISTUNGEN
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Höchstgeschwindigkeit: 320 km/h
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0–100 km/h: 3,3 s
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0–200 km/h: 9,0 s
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Bremsweg 100–0 km/h: 30,8 m
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Bremsweg 200–0 km/h: 119,5 m