Von Top Gear zum Schienen-Bulli
In einer der unterhaltsamsten Episoden der beliebten Fernsehserie Top Gear, Staffel 17 Episode 1, stellten sich Jeremy Clarkson, Richard Hammond und James May einer außergewöhnlichen Herausforderung: Sie setzten Autos auf Schienen und verwandelten sie in improvisierte Lokomotiven.
Diese „Train Challenge“ faszinierte durch ihren Einfallsreichtum, aber eine kurze Recherche bei Google zeigt: Die Idee war nicht neu. Und auch heute gehören Nutzfahrzeuge, die mit Hilfe von Aufsätzen auf Schienen operieren können zum Stadbild.
In den Depots der Deutschen Bahn gab es früher ebenfalls ein solches Vehikel: Der Klv-20. Hinter diesem nebulösen Kürzel verbirgt sich kein Geringerer, als der VW Transporter, der gemeinhin als „Bulli“ bekannt ist, und der nach seinem Dienst als Lastenesel und Symbol der Pop-Kultur ein neues Leben als Wertanlage in den Garagen der Sammler begonnen hat, und für den inzwischen fünf- und sechsstellige Summen geboten werden. Just dieses Modell soll mal auf Schienen gefahren sein? Wie kam es dazu?
1954: Die Deutsche Bundesbahn (DB) stand vor der Herausforderung, neue kompakte Dienstfahrzeuge fürs Gleis zu beschaffen. Anstatt ein solches Fahrzeug komplett neu zu entwickeln, entschieden sie sich, den vielseitig verwendbaren Volkswagen Transporter mit einem Eisenbahnfahrgestell zu kombinieren. Das Ergebnis war der „Kleinwagen mit Verbrennungsmotor“, kurz Klv-20.
Die Entwicklung und Produktion des Klv-20
Die Deutsche Bundesbahn beauftragte zwei renommierte Firmen mit dem Bau dieser speziellen Fahrzeuge: Martin Beilhack aus Rosenheim und die Waggon- und Maschinenbau GmbH Donauwörth. Innerhalb eines Jahres fertigten beide Unternehmen jeweils 15 Stück für den Schienenverkehr um. Ein besonderes Exemplar dieser Serie, das heute in der Sammlung von VWNO zu finden ist, wurde bei Beilhack in Rosenheim gebaut.
Der Einsatz und die Besonderheiten des Klv-20
Der Hauptzweck dieser „Schienen-Bullis“ bestand in Inspektions- und Reparaturfahrten bei Bahn- und Signalmeistereien. In den 1970er Jahren begann die Ausmusterung dieser Fahrzeuge, doch einige wenige sind noch erhalten. Besonders hervorzuheben ist der Klv-20 mit der Fahrzeugnummer 20-5011, der nicht nur fahrbereit, sondern auch in einem außergewöhnlich guten Zustand ist.
Der Klv-20 besteht im Wesentlichen aus drei Hauptkomponenten: der Karosserie eines T1 Kombi, einem Volkswagen Industriemotor mit 21 kW (28 PS) sowie einem speziellen Fahrgestell mit einer hydraulischen Hebe-Drehvorrichtung. Diese Vorrichtung ermöglichte es, den Klv-20 von einer Person auf der Stelle anzuheben, zu drehen und wieder auf die Schienen zu setzen. Dies machte das kompakte Schienenfahrzeug äußerst flexibel und effizient im Einsatz.
Anpassungen für den Bahnbetrieb
Damit der „Schienen-Bulli“ den Vorschriften für Nebenfahrzeuge der Bahn entsprach, wurden einige Modifikationen vorgenommen. Die originalen Leuchten an Front und Heck wurden ausgebaut und durch die im Bahnverkehr vorgeschriebenen Standardlampen ersetzt. Vorne wurden zwei weiße Lampen und hinten eine rote Lampe an neuen Positionen angebracht.
Interessanterweise gab es tatsächlich ein Verkaufsprospekt für diesen ungewöhnlichen Bulli. In diesem Prospekt wird das Fahrzeug wie folgt beschrieben (Textauszug aus dem originalen Prospekt):
„Gleiskraftwagen für Universelle Verwendung
Als kleiner Schienen-Omnibus oder Kleintransporter mit dem gefällig aussehenden, strömungstechnisch günstigen und zweckmäßig eingerichteten VW – Kombi – Aufbau.
Zu sehen ist das automobile Einhorn ab sofort in der VWNO Ausstellung. in Hannover.
Fotos: Volkswagen